Erde, Wasser, Licht und Raum: Architekturprojekte im Einklang mit den Elementen
Architektur beginnt mit einem Verständnis für Materialien und deren Herkunft. Immer mehr Architekten verwenden natürliche, erneuerbare Materialien wie Ton, Holz oder Naturstein und beziehen Licht, Luft, Wasser und Vegetation mit ein. Das Ergebnis sind Gebäude, die nachhaltig funktionieren.
Erde – Traditionsmaterial mit Zukunftspotenzial Lehm erlebt eine Renaissance.
An der Imagine Montessori School nahe Valencia formen Arturo Sanz, Carmel Gradolí und Fran López gebrannten Lehm zu tragenden Wänden, Gewölben und Böden. Das Ergebnis ist eine harmonische, thermisch ausgewogene Lernlandschaft. Auch Francis Kéré setzt beim Lycée Schorge in Burkina Faso auf die Qualitäten von Lehm: In Kombination mit lokalem Eukalyptusholz entsteht ein Bauwerk, das tief in seiner Region verwurzelt ist – materiell wie kulturell. Die Lehmziegel prägen nicht nur das Erscheinungsbild, sondern sorgen mit ihrer hohen Speichermasse für ein ausgewogenes Innenklima. Ergänzt wird das Ensemble durch ein durchlüftetes Dach, das die natürliche Luftzirkulation fördert.
Wasser - wandelbares Element
Als wandelbares Element Wasser begegnet uns in der Architektur als Energiequelle, atmosphärisches Gestaltungselement oder öffentlicher Ort. Im Water House 2.0 in Taiwan, entwickelt von Water-Filled Glass in Zusammenarbeit mit der Feng Chia Universität, zirkuliert Wasser in doppelschaligen Fenstern. Die Sonnenwärme wird aufgenommen und über ein geschlossenes System zur Kühlung oder Erwärmung genutzt – ein innovativer Ansatz für thermische Effizienz im Gebäudebetrieb. In Kopenhagen wiederum unterstreicht das Projekt Kalvebod Waves die soziale Dimension des Elements. Die von Klar und JDS/Julien De Smedt Architects entworfenen Holzstege, Brücken und Plattformen verwandeln das Hafenbecken in eine bewegte Landschaft, einen urbanen Treffpunkt, der das Wasser als aktiven Teil des Stadtraums erfahrbar macht.
Licht – das immaterielle Baumaterial
„Architektur ist das großartige Spiel der unter dem Licht versammelten Baukörper“, schrieb Le Corbusier¹. Die Casa de Vidro (1951) der Architektin Lina Bo Bardi in São Paulo bringt dieses Verständnis prägnant auf den Punkt. Erhoben über dichter, regenwaldartiger Vegetation scheint der Baukörper zu schweben. Licht durchdringt das Haus von allen Seiten und modelliert den Raum durch wechselnde Helligkeit, Spiegelung und Transparenz.
In Taipeh verbindet das preisgekrönte Cloister of Green Light von CYS.ASDO Licht und Bäume zu einer harmonischen Einheit. Statt die vorhandenen Bäume zu fällen, windet sich ein filigraner Kreuzgang um das bestehende Grün. Halbverspiegelte Aluminiumtafeln an den Fassaden reflektieren Blätter, Himmel und Sonnenstrahlen und verwandeln die Anlage in eine sich ständig wandelnde Lichtkulisse.
Raum – Architektur im Dialog mit der Natur
Moderne Architektur gestaltet Raum nicht als starre Hülle, sondern als flexibles Gefüge im Austausch mit seiner Umgebung. Durchlässige Fassaden, begrünte Dächer und natürliche Lüftungssysteme schaffen offene Räume, die sich den wechselnden Bedingungen von Licht, Luft und Jahreszeiten anpassen.
Daegu Anchor Facility, Gewinner des iF DESIGN AWARD 2024
Das preisgekrönte Kulturzentrum und Ateliergebäude Daegu Anchor Facility in Südkorea bewahrt die bestehende Struktur und schafft gleichzeitig eine offene Fassade mit einer neuen durchlässigen Aluminiumhülle. So entstehen Räume, die die Gemeinschaft fördern und gleichzeitig eine lebendige Verbindung zum Außenraum herstellen. In ähnlicher Weise verbindet das House in a Garden von Gianni Botsford Architects in London Innenraum und Landschaft auf subtile Weise: Das weitgehend unterirdisch in den Garten eingefügte Wohngebäude bewahrt die Natur und öffnet den Raum mit großzügigen Sichtachsen ins Grüne. Das markante Kupferdach setzt dabei einen charakteristischen Gestaltungsakzent.
Architektur, die Erde, Wasser, Licht und Raum als integrale Elemente versteht, schafft nicht nur nachhaltige Gebäude, sondern formt sinnliche Lebensräume im Einklang mit ihrer Umgebung – wie diese Beispiele eindrucksvoll zeigen.